Harzer Hexen-Stieg: Wandern in Deutschland

Harzer Hexen-Stieg Wanderin in Deutschland

 Harzer Hexen-Stieg Wanderin in Deutschland

Der Harzer Hexen-Stieg: Glaubt mir, man muss kein Philosoph, kein Heinrich Heine oder Johann Wolfgang von Goethe sein, um eine paar schöne Worte über den Harz zu verlieren. Die letzten vier Tage zog ich allein mit schweren Rucksack, Zelt und „warmen“ Schlafsack durch das sagenumwobene Mittelgebirge im Herzen Deutschlands. 110 Kilometer auf einem der bekanntesten Fernwanderwege lagen hinter mir: der Harzer Hexen-Stieg. Mit einer raucheigen Note vom Lagerfeuer, nach Schweiß riechend, Matsch beschmiert und mit Waden, hart wie der Harzer Granit, sitze ich nun im Regio zurück nach Hause. Es ist Zeit eine Lanze für diese Region und Fernwanderweg zu brechen, und das sagt jemand, der schon auf einigen Kontinenten Wandern war. Hier also meine Liebeserklärung an den Harz.

Der Harzer Hexen-Stieg: Wandern in Deutschland

Für die völlig unbeleckten unter euch – und das war ich bis letzte Woche auch noch – einige Fakten zum Harzer Hexen-Stieg. Zwischen Osterode in Niedersachsen und Thale in Sachsen-Anhalt ergießt sich ein Schilderwald aus kleinen Blechtafeln mit grüner Hexe auf einem Besen. Wenn ihr diesen unverkennbaren Schildchen folgt, dann seit ihr goldrichtig. Dann kämpf ihr euch über den Harzer Hexen-Stieg, auf einem der bekanntesten Fernwanderwege in Mitteldeutschland.

Über viele Wegetappen kann der Wanderer die abwechslungsreiche Natur der Region bestaunen und wird über die mittelalterliche Bergbaugeschichte, die Grenzgeschichte (BRD-DDR) im Kalten Krieg sowie der Mythen- und Sagen umwogende Welt des Bodetales informiert.

Offiziell über 97 Kilometer verläuft die Hauptstrecke (West>Ost) über Osterode  – Buntenbock – Altenau – Torfhaus – Brocken – Drei Annen Hohne – Königshütte – Altenbrak – Bodetal – Thale. Zwischen Königshütte und Altenbrak sind zwei Alternativen ausgewiesen:

  • Möglichkeit 1) Hasselfelde – Köhlerhütten – Altenbrak
  • Möglichkeit 2) Rübeland – Wendefurth – Altenbrak

Höhenprofil Harzer Hexen-Stieg

Eine weitere gute Nachricht für euch, wer nicht „höhentauglich“ ist, der kann den Brocken getrost umgehen. Der wandert die ausgeschilderte Brockenumgehung ab Torfhaus an St. Andreasberg vorbei über Braunlage nach Königshütte.

Harzer Hexen-Stieg: mein persönlicher Reisebericht

Soweit die kühlen Fakten. Was der Harzer Hexen-Stieg außer Schildchen und Ortsnamen noch zu bieten hat, das gibt es jetzt zu lesen in meinem kleinen tagebuchartigen Abriss der letzten vier Tage. Viel Spaß.

Harzer Hexen-Stieg Tag 1: Eine Reise beginnt

Harzer Hexen-Stieg Zelten

Erster April – kein Scherz – und die Deutsche Bahn lud mich pünktlich gegen Mittag im beschaulichen Osterode ab. Es nieselte leicht. Mit dem Rucksack, vollgestopft mit Winterschlafsack, Isomatte, Tunnelzelt, Outdoor-Überlebens-Schnickschnack und Verpflegung für circa zwei Tage, passierte ich eine riesige Holzhexe, die den Beginn des Fernwanderweges markiert. Ich wollte Natur pur, die volle Kultur-Klatsche, die mir versprochen wurde und die nicht zuletzt die mentale und körperliche Herausforderung, die ein Fernwanderweg im Gebirge mit sich bringt. Was ich nicht wollte, war von Pension zu Pension, Jugendherberge zu Jugendherberge oder Hotel zu Hotel laufen. Die Richtung war vorgegeben: Laufen bis die Schuhsohlen qualmen und dann irgendwo erschöpft und „illegal“ mein Zelt aufschlagen.

Nach Zehn Kilometern stetig bergauf, qualmten mir zwar nicht die Schuhsohlen, dafür hatte ich „Leistungssportler“ mir eine schmerzhafte Muskelverhärtung im rechten Oberschenkel zugezogen. Halbhumpelnd schleppte ich mich über breite Forstwege, die sich durch dichte, tiefgrüne Tannenwälder schnitten. Auch Forstwege hatten endlich ein Ende und der Wanderweg schlängelte sich als meterbreiter, schlammiger Wanderpfad an einem Dammgraben aus der Bergbauzeit entlang. Mit dem Grabenwasser plätscherten auch die Kilometer dahin. Der Tannenwald wurde immer undurchsichtiger. Ein flauschiger Teppich aus sattem, grünen Moos bedeckte ganzflächig den Waldboden, vergrub umgestürzte Bäume unter sich und schickte sich an, Zentimeter für Zentimeter an den Tannenstämmen hinauf zu krabbeln. So hatte ich mir als Kind den Märchenwald aus „Hensel und Gretel“ vorgestellt. Ich war mir sicher, hundert Meter in diesem Labyrinth aus identischen Bäumen und ohne rettende Brotkrumen wäre ich verloren gewesen. Dieser Etappenabschnitt hat eine ganz mystische Wirkung auf Einen, erst recht, wenn man die Geschichten darüber kennt.

Mein Oberschenkel wollte nach 25 Kilometern nicht mehr weiter. Auf einer Skiwiese bei Altenau, unmittelbar am Dammgraben, schlug ich mein kleines Tunnelzelt auf. Ein Fehler wie sich bald herausstellte. Wir hatten Minusgrade in der Nacht und der eiskalte Wind pfiff über den Berghang, gefühlt geradlinig in meinen Schlaffsack. Ich zitterte die ganze Nacht und an Schlaf war nicht zu denken.

Der Harzer Hexen-Stieg Tag 2: Der Gewaltmarsch über den Brocken

Harzer Hexen-Stieg Wanderweg

Tag zwei begann rückwirkend betrachtet, mit dem landschaftlich schönsten Abschnitt des gesamten Harzer Hexen-Stieges. Von meinem Nachtlager in Altenau führte der Wanderpfad weiter entlang des Dammgrabens, vorbei an kleinen Wasserfällen und Dämmen, um anschließend in einen kleinen Trampelweg zu münden. Dieser Trampelweg schlängelte sich an einem Steilhang entlang. Umgestürzte Bäume versperrten den Weg. Schnee lag. Mit den Füßen stand ich öfters knöchelhoch im Matsch. Bahnte den Weg über glitschige, scharfkantige Felssteine und musste bei jedem Schritt damit rechnen in den Abgrund zu stürzen. Ein Abschnitt ganz nach meinen Geschmack, der in Torfhaus sein zu frühes Ende fand.

In Torfhaus teilt sich der Harzer Hexen-Stieg. Ich wollte an diesem Samstagvormittag unbedingt über den geschichtsträchtigen Brocken wandern. Wenn schon Harz, dann auch bitteschön mit Brocken! Eine Idee, die ich nicht alleine hatte. Traf ich auf den letzten 35 Kilometern nur eine Handvoll Tageswanderer, so schoben sich wahre Touristenmassen über Torfhaus und Schirke gen Gipfel. Es war pervers, sogar ein Kinderwagen wurde von Ausflüglern hinter sich her geschleppt, die in Turnschuhen über den mit Schnee und Eis bedeckten Boden eierten.

Mit Bierchen, Bockwurst, Pommes und ekelhaften Kartoffelsalat im Magen verließ ich den höchsten Berg der ehemaligen DDR (1.14[2]m). Nach über 40 Kilometern bergauf seit Osterode, meinte es jetzt die Schwerkraft gut mit mir. Eine echte Wohltat für meine Oberschenkel, aber schmerzhafte Qual für Fußmuskeln und Kniegelenke. Auf einer penibel asphaltierten Straße und breiten Fortwegen lief ich vom Brocken nach Drei Annen Hohne, bis zum Königshütter Wasserfall in Königshütte. Direkt am Wasserfall rannte ich in die Arme einer stark angetrunkenen Junggesellenabschiedsparty. Es dämmerte. So gern ich auch geblieben wäre, machte ich mich nach einem kühlen Bierchen zur fünf Kilometer entfernten Schutzhütte auf. Apropos Schutzhütten, nicht das jetzt einer denkt dort stehen halbe Villen im Wald mit Bärenfell vorm Kamin, Küche und Bettchen für die müden Wandersleute. Es sind nichts weiter als offene, beplankte Bretterverschläge mit einigen Sitzmöglichkeiten. Luxus sieht anders aus. Aber wenn es starkes Unwetter gibt, es gießt wie aus Kübeln und mächtige Bäume wie Streichhölzer im Wald umknicken, dann wird aus einer spartanischen Schutzhütte im Handumdrehen das Waldorf Astoria.

Hinter einer dieser Schutzhütten (Trogfurther Brücke) richtete ich windgeschützt mein Lager für die Nacht ein. Das Campfeuer fiel erneut aus. Nach starken Regenfällen der letzten Tage und Wochen war jeder Millimeter Waldboden, jeder Ast oder Zweig klitschnass. Es blieb mir nichts weiter übrig als völlig müde, mit 37 Kilometern in den pochenden Waden und tief in meinen Schafsack gemummelt, ins Zelt zu kriechen. Gute Nacht.

Harzer Hexen-Stieg Tag 3: die Südroute

An der Ruine Königsburg, kurz hinter Königshütte, teilt sich der Fernwanderweg in eine Nordroute (über Rübeland>Neuwerk>Wendefurth) und Südroute (über Hasselfelde). Beide Routen treffen in Altenbrak (an der Forellenaufzucht) erneut zusammen.

Die nördliche Route über Rübeland (Baumanns- Hermannshöhle) absolvierte ich in einer Tagestour nur eine Woche zuvor. So war die Entscheidung schnell auf die Südroute gefallen, denn wie schon Goethe lauthals verkündete: „Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen“. In diesem Sinne schleppte ich meinen vollbepackten Rucksack erneut über Forstwege, schaute mir Staudämme und kaum erkennbare Burgruinen an, hielt ein Nickerchen in Hasselfelde und marschierte über den alten Köhlereilehrpfad bis nach Altenbrak. Ein ohrenbetäubender Lärm, ein Brummen und Jaulen, zerfetzte die jungfräuliche Stille im Wald und das Trillern der Vögel. Ärgerlich. Der Fernwanderweg folgt im Abschnitt des alten Köhlerlehrpfades unweit einer Landstraße, die an schönen Tagen als Rennstrecke für alle Motorradfahrer herhalten muss. Muss man nicht haben und ein echter Genickschlag für den Harz als Erholungs- und Wanderparadies.

Hinter Altenbrak folgt der Fernwanderweg der Bode. Ein sehr schöner Abschnitt begann. Es wurde wieder „bergig“ mit kleinen An- und Abstiegen, die den höllisch brennenden Waden und vor allem Fußmuskeln das Letzte an diesem Tag abverlangten. In Treseburg angekommen, war ich bereits 35 Kilometer gewandert und musste den vergangenen Tagen Tribut zollen. Jeder Schritt wurde zum Kampf um weitere Meter und ich quetschte die letzten drei Kilometer aus meinem Körper. Es dunkelte langsam im Bodetal, das übersäht mit riesigen, stehenden und umgestürzten Laubbäumen glänzte. Als der Wind stark auffrischte und die massiven Stämme bedrohlich zu knacken anfingen, schlug ich die Heringe meines Zeltes kurzerhand in den Boden der Schutzhütte. Sicher ist sicher. Ob das auch auf die Hexen zutrifft, die auf ihren Besen durch das Bodetal sausen, konnte ich nur mutmaßen 😉

Harzer Hexen-Stieg Tag 4: Auf zur Roßtrappe

Harzer Hexen-Stieg Bodetal

Harzer Hexen-Stieg Bodetal

Das laute Plätschern des Dammbaches übertönte bald das Brabbeln der alten Eichen. Auch die Hexen ließen mich schlafen und so hatte ich die erholsamste Nacht im Zelt seit Beginn meiner Harzreise.

Bis auf sieben Kilometer vor Thale hatten mich meine Füße am Vortag getragen, und so konnte ich in aller Ruhe das letzte Etappenstück des Harzer Hexen-Stieges genießen. Der Regen der Nacht hatte nachgelassen. Es nieselte sich ein, der schwarze Matsch spritzte bis über die Knöchel und ich wanderte über die glitschigen Serpentinen des Bodetales, bis hinauf zum Roßtrappenfelsen (5,5 km return). Ein toller Aussichtspunkt, den ich am frühen Montagmorgen ganz für mich allein hatte. Zurück in Thale endete meine 4-tägige Reise über den Harzer Hexen-Stieg. Ich stank, war dreckig und erschöpft aber ich hatte es geschafft: den Hexenstieg allein mit Rucksack und Zelt.

Fazit:

Ich bin positiv überrascht von dem, was der Harz landschaftlich und kulturell abwechslungsreich für seine Besucher zu bieten hat. Das allein wäre jedoch kein Grund für mich dort hinzufahren: Ich suche meist die körperliche Challenge. Genau dort setzt diese Region an, mit ihren vielen Wanderrouten und anspruchsvollen MTB-Strecken. Neben dem Harzer Hexen-Stieg gibt es zahlreiche weitere Wanderwege, auch Fernwanderwege (z. B. Weg dt. Kaiser und Könige des Mittelalters im Harz). Ich für meinen Teil kann den Harz als Mekka für Wanderer weiterempfehlen und sollten einige Wegabschnitte, die über Forstwege führen, als Trampelpfade durch das Unterholz ausgebaut werden, kann der Harzer Hexen-Stieg eine der Topadressen in Europa werden. Ich komme gern wieder.

Häufige Fragen (FAQ) zum Harzer Hexen-Stieg

Welche Streckenabschnitte sind die schönsten?

Sicherlich gibt es bei Fernwanderwegen immer Abschnitte, die weniger attraktiv erscheinen, so auch beim Hexenstieg. Ich persönlich mag keine Forst- oder Landwirtschaftswege. Für mich muss sich ein Wanderweg quer durch die Natur fressen. Es sollte nur ein winziger Pfad sein, auf dem ein, maximal zwei Wanderer Platz finden. Das habe ich jedoch auf noch keinem Fernwanderweg (>100km) der Welt durchgängig gesehen. Meine Streckenabschnitte, die dem aber Nahe kommen, sind:

  • Altenau < > Torfhaus
  • Neuwerk < > Wendefurth
  • Treseburg < > Thale (bis Teufelsbrücke)

Dauer Harzer Hexen-Stieg?

Mit einer Länge von 97 Kilometern benötigt man mehrere Tage. Alle Teilstrecken zusammengerechnet sind es sogar 149 Kilometer. Ein Durchschnittswanderer läuft circa 25 Kilometer am Tag, abhängig von Gepäck und Witterung.

  • Minimum 3 Tage: Den Harzer Hexen-Stieg kann man in drei Tagen laufen. Dies erfordert, dass ihr ortsunabhängig im Zelt übernachtet. Keine Angst, für Pausen und Kultur bleibt dabei auch noch Zeit, aber ihr seid ganztags unterwegs (7-20 Uhr). Wandererfahrungen und gute Fitness setze ich bei Distanzen um 35 Kilometer pro Tag voraus.

Übernachtungen?

Es gibt verschiedene Übernachtungsmöglichkeiten auf dem Harzer Hexen-Stieg.

  • Pension / Hotel: zahlreich und in allen Preisklassen vorhanden (Buchung im Voraus in der Hauptsaison!)
  • Jugendherberge (z. B. in Altenau): günstig bei Mitgliedschaft beim DJH
  • Zelt: Keine offiziellen Zeltplätze vorhanden. In der Natur findet sich aber meist ein Plätzchen.

Wie fit muss ich sein?

Technisch ist dieser Fernwanderweg nicht anspruchsvoll. Trotzdem solltet ihr für einige Abschnitte definitiv trittsicher sein und durch etliche Höhenmeter, die zurückgelegt werden, ist eine gute Grundfitness ratsam.

Nützliche Webseiten und Literatur zum Harzer Hexen-Stieg

  • www.hexenstieg.de
  • offizielle Wanderkarte Harzer Hexen-Stieg (Link)
  • Wanderführer Harzer-Hexen-Stieg von Hikeline (Link)

Ausrüstung und Bekleidung zum Wandern auf dem Harzer Hexen-Stieg

Wer Fernwanderwege beschreitet, der sollte die richtige Ausrüstung und Kleidung nicht vernachlässigen. Gerade wenn ihr häufiger unterwegs seid und wie ich, unabhängig von Ortschaften wandert.

Hier meine kleine Auswahl und Empfehlungen für euch:

Wenn ihr noch Tipps und Anregungen zum Harzer Hexen-Stieg oder anderen tollen Wanderrouten in Deutschland habt, schreibt sie in die hungrige Kommentarbox.

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