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Trinkgeld Kilimandscharo: Träger im Interview

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Trinkgeld Kilimandscharo

Seit anderthalb Jahren ist mein Buch „Kilimandscharo für Lebensmüde“ im Handel erhältlich. Bisher mit durchweg positiven Rezensionen. Umso überraschter war ich, als vor einer Woche eine E-Mail in mein Postfach flatterte, in der mir von einem Herren mehrfach geraten wurde „schämen Sie sich“. Zwar gefiel ihm das Buch, jedoch kritisierte er vehement den Absatz über die Höhe des Trinkgeld Kilimandscharo, das ich dem Team nach der erfolgreichen Besteigung übergeben hatte. Dabei fand er es „[…] geizig, schäbig und extrem klein kariert […]“, dass ich das gesamte Team “[…] mit 125 Dollar Trinkgeld abgespeist […]” habe. Weiter: „Ich muss mich für Sie als europäischen Mitbürger fürchterlich fremdschämen.“

Trinkgeld Kilimandscharo: Interviews mit Bergführer, Träger und Co.

Ein ziemliches Pfund an Kritik. Grund genug, um mich erneut mit dem Thema Trinkgeld Kilimandscharo auseinanderzusetzen. Glücklicherweise habe ich Freunde in Tansania und kenne einige, die als Bergführer, Träger, Köche oder Tourveranstalter am Kilimandscharo arbeiten.

Um dieses Thema auch für euch transpartenter zu machen, führte ich Interviews mit ihnen. „Ihnen“, das sind die Menschen, die direkt davon betroffen sind und die Zustände mit dem Geschäft Kilimandscharobesteigung am eigenen Leib erfahren.

Ein Interview möchte ich für euch exemplarisch veröffentlichen. Es wurde mit einen ehemaligen Träger und Guide geführt, der heute über eine kleine, unabhängige Firma Bergbesteigungen und Safaritouren anbietet (Fragen und Antworten übersetzt ins Deutsche).

Frage 1: Bekommt das Team (Träger, Köche, Bergführer) ein Gehalt vom Tourveranstalter (Company), oder nur das Trinkgeld der Klienten (Bergsteiger)?

  • Jedes Teammitglied bekommt ein Gehalt vom Tourveranstalter. Trinkgelder der Klienten sind die Anerkennung für den harten Job, den die Träger gemacht haben.

Frage 2: Wie hoch ist das durchschnittliche Trinkgeld pro Tag für den Bergführer, Koch und die Träger?

  • Wenn du Glück hast, bekommst du als Träger 15-20 USD pro Tag. Der Bergführer verdient 15-20 USD, genauso wie der Koch auch.

Frage 3: Bekommst du normalerweise diesen Betrag oder ehr weniger?

  • Es kann durchaus weniger sein. Es hängt vom Budget des Klienten ab. Manchmal können es auch nur 10 Dollar für Träger und 15 für Guides sein.

Frage 4: Ich habe gehört, dass Träger am Kilimandscharo nicht von der Company bezahlt werden. Deshalb sind sie auf das Trinkgeld angewiesen, welches das einzige Geld ist, das sie für die gesamte Tour erhalten. Ist das wahr?

  • Nein, das stimmt nicht. Einige Touranbieter zahlen ihnen kleine Gehälter. Doch generell keine Zahlungen gibt es nicht.

Frage 5: Kannst du mir sagen wie viel Geld die Company den Bergführern, Trägern… zahlt?

  • Im Juli 2016 wird offiziell eingeführt, das die Company einen Bergführer 20 Dollar und den Trägern 15 Dollar täglich zahlen muss. Das Problem aktuell ist, einige Firmen bieten den Klienten Touren für einen geringeren Preis an, was dazu führt, das sie dem Team auch grausam wenig zahlen. Es ist offensichtlich, wenn ich 1.500 Dollar für die Tour berechne und ein anderer Anbieter 1.450 Dollar, wirst du sicherlich das bessere Angebot annehmen.

Frage 6: Denkst du die Bezahlung ist fair?

  • Ja. Wie ich gerade sagte, kann die Company die Löhne drücken, aber ich bin selbst Chagga, war jahrelang Träger und verstehe wie hart der Job ist. Ich mache es daher nicht. Davon abgesehen finde ich die Löhne fair, weil nicht viele Tourveranstalter diese Billigtouren anbieten. Taffe Träger können sogar viel verdienen, wenn die Klienten genug an die Company gezahlt haben.

Frage 7: Zum Verständnis. Wenn eine Company einen geringeren Tourpreis anbietet, bekommt das Team weniger Geld. Richtig?

  • Ja, das ist das Ding. Und alle Klienten verlangen viel Leistung für das Schnäppchen.

Frage 8: Wenn es nur einen Klienten gibt, zahlt dieser weniger Trinkgeld verglichen mit einer größeren Gruppe? Für einen einzelnen Klienten würde es sonst ein riesiges Trinkgeld sein. Ungefähr 500 Dollar. Wie sind deine Erfahrungen?

  • Das hängt stark von den Klienten ab. Manchmal kann es eine große Gruppe sein und trotzdem wird ein wirklich geringes Trinkgeld gezahlt. Und manchmal triffst du einen einzelnen Klienten, den der Job der Jungs tief berührt hat. Diese Klienten fühlen sich als müssten sie einem ein riesiges Trinkgeld geben. Jeder Träger kann so bis zu 50 Dollar täglich haben, und du weißt, jeder Klient muss mit 5 Trägern und einem Bergführer auf den Kilimandscharo. So sind die Regeln. Natürlich erhöht sich die Anzahl der Träger mit der Anzahl der Klienten und genauso ist es auch mit den Trinkgeldern.

Frage 9: Ich bin mir ziemlich sicher, das viele Klienten nichts von den Trinkgeldern und den ungeschriebenen Gesetzen darüber wissen. Wenn du eine Tour buchst, sagt dir das kaum jemand. Höchstens noch beim Briefing im Hotel. Dadurch sind viele sind vor Ort überrumpelt. So ging es mir zumindest.

  • Ja, das ist durchaus möglich. Selbst ich als Tourveranstalter erkläre es den Klienten nicht immer. Es würde mich auch wundern, fragte einer von ihnen danach. Wie gesagt, Trinkgelder werden vorausgesetzt, sind aber keine Pflicht. Ist ein Klient unzufrieden mit dem Team, spiegelt sich dies im Trinkgeld nieder.

Frage 10: Weißt du davon, dass Bergsteiger im letzten Jahr am Kilimandscharo gestorben sind?

  • Schätze schon. Ich weiß von einem Bergsteiger, der in einem Gewittersturm gestorben ist. Wenn du dann als Bergführer / Company keine Lizenz hast, ist das sehr schlecht. Deshalb bin ich glücklich eine zu besitzen.

Frage 11: Was passiert, wenn z. B. ein Träger am Berg verunglückt. Bezahlt die Company eine Kompensation und kümmert sich um die Familien?

  • Offensichtlich besitzen die Klienten eine Reisekrankenversicherung. In meinen AGB’s unterschreibt der Kunde dafür. Das Team dagegen hat keine Versicherung. Wenn ein Träger oder Bergführer stirbt, transportiert die Regierung den Leichnahm aus dem Nationalpark nach außerhalb. Der Park und die Company transportieren den Toten zu den Angehörigen, um die Bestattung einzuleiten.

Frage 12: Also keine Kompensation, kein Geld für die Familien?

  • Nein. Die Company und Freunde würden mit Geld aushelfen, um die Beerdigung zu beenden.

 Trinkgeld Kilimandscharo: Fazit

Porter Mount Kilimanjaro

Porter Mount Kilimanjaro

Wie ihr seht, das Thema Trinkgeld Kilimandscharo ist komplex. Es gibt kein Richtig oder Falsch, kein zu viel aber definitiv ein zu wenig. Obwohl keine Pflicht, rechnet das Team fest damit. Ein Prozedere, das sich über die Jahre heraus gebildet hat. Ein Prozedere, das einige Tourveranstalter ausnutzen, um den Teams geringere Löhne zu zahlen. Ob sich das mit den offiziellen Mindestlöhnen ab Juli 2016 ändern wird, bleibt abzuwarten.

Ich persönlich würde niemals so weit gehen und Menschen verurteilen, weil sie „nur“ 100 Euro Trinkgeld gegeben und Ausrüstung im Wert von 200 Euro an das Team verschenkt haben. Diese Wertungen überlasse ich anderen. Was ihr aber aus diesem Beitrag für eure zukünftige Kilimandscharobesteigung mitnehmen solltet, ist, dass Trinkgelder in euer Reisebudget einkalkuliert werden müssen (trifft auch auf Safari-Touren in der Serengeti zu).

Die Höhe des Trinkgeldes ist eine persönliche Entscheidung und von eurem Budget und sozialen Engagement abhängig. Dabei variieren die Empfehlungen auf verschiedenen Plattformen erheblich. Wer auf Nummer sicher gehen will, der orientiert sich an der offiziellen Homepage der „Kilimanjaro Porters Assistence Project“. Dort sind Empfehlungen für Trinkgelder aufgeführt, die sich ungefähr mit den Angaben im Text (10-15$ Träger; 15-20$ Bergführer) decken.

Wichtig: Sorgt dafür, dass ihr vor Antritt der Tour ausreichend kleine Banknoten in US-Dollar oder TZ-Schilling bereit haltet. Das Trinkgeld wird persönlich am Ende der Tour im letzten Camp oder am Parkausgang übergeben. Auch gern gesehen sind Ausrüstungsgegenstände. Ausrüstungsgegenstände, weil die Anzahl der Todesopfer und Verletzten unter den Trägern im letzten Jahr angestiegen sind. Diese Statistik ist auf mangelhafte oder gar keine Ausrüstung zurückzuführen.

Der Kilimandscharo ist ein gefährlicher Ort, der jährlich Dutzende Todesopfer als Tribut für die Besteigung des „Berg des bösen Geistes“ fordert. Glaubt mir, Trinkgelder sollten euer kleinstes Problem sein. In diesem Sinne, viel Erfolg auf dem „Kili“.

Warst du auf dem Kilimandscharo? Wie sind deine Erfahrungen mit den Trinkgeld Kilimandscharo?

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