Nepal-Reisebericht: Der Ice Lake (4.635) auf der Annapurna Runde im Himalaja
Der Ice Lake. Tag 7 auf der Annapurna Runde (Annapurna Trek), Mitte November 2016, stand ganz im Sinne des Ice Lake (4.635 m NN). Akklimatisierung war angesagt zur Vorbereitung auf den Tilicho Lake und den kraftzerrenden Thorung La Pass.
Der folgende Bericht ist ein unbearbeiteter Auszug aus meinem Trekking-Tagebuch, das ich während meiner zwei Monate in Nepal führte.
Tag 7: Ice Lake Trek (Munji Braka > Ice Lake > Munji Braka)
„Wie sich herausstellte, hatte ich doch nicht in Braka übernachtet, sondern in Munji Braka (3.200 m NN). Diese Ansammlung von Holzhütten lag 20 Gehminuten vor Braka. Egal, auch von hier führt ein Trek zum Ice Lake hinauf, der laut Wegbeschreibung sogar 30 Minuten kürzer sein soll.
Meinen schweren Rucksack im „sicheren“ Abstellraum des Gästehauses verschlossen, machte ich mich 8:30 Uhr in die Spur.
Gleich vom ersten Meter ließ der Trek zum Ice Lake keinen Zweifel aufkommen, dass das heute keine einfachen 1.400 Höhenmeter (2.800 gesamt) werden.
Erst fünf Minuten am Wandern, musste ich die frische Gebirgsluft schon tief in die Lungenflügel pumpen. Dachte ich schon die Serpentinen nach Ghyarn wären brutal, wurde ich wieder eines Besseren belehrt. Der Himalaja hat noch lange nicht sein Pulver verschossen und setzt Tag für Tag noch einen oben drauf.
Die Leichtigkeit war aus den Beinen war bald heraus und es wurde ein Schritt um Schritt Rennen. Einatmen linkes Bein nach vorn, Ausatmen rechtes Bein, alles schön mit meinen Trekkingstöcken synchronisiert. Den Blick nach unten gerichtet, das Blickfeld auf die zwei Meter vor mir beschränkt.
Es geht vorbei an kleinen, buddhistischen Tempelanlagen. Der Ort Braka oder das etwas entfernte Manang reduzierte sich Zunehmens auf Miniaturgröße bis es kaum noch als Häuseransiedlung mit bloßem Auge erkennbar war.
Der Drang alle zehn Meter eine Pause einzulegen breitete sich in meinem Kopf aus, wie die warme Knoblauchsuppe im Magen, die ich zum Frühstück hatte. Apropos Magen: Die dünne Luft brachte das Zirpen zwischen meinen Augen zurück, das sich über Nacht wieder verflüchtigt hatte und machte sich als mulmiges Gefühl in meinem Bauch breit. Das passte gut dazu, dass ich am Morgen schon wieder zweimal das Toilettenloch im Boden des Gästehauses füllen müsste (P.S.: Daran, dass das Klopapier in Nepal nicht ins Klo sondern in einen offenen Eimer daneben kommt, muss man sich erst gewöhnen).
Statt alle zehn Meter zu stoppen und als Alibi-Entschuldigung die Landschaft zu begutachten, hieß es Zähne zusammen beißen, Rhythmus aufnehmen und die optimale Geschwindigkeit finden.
Der Plan ging nicht ganz auf. Bei jedem Atemzug kam es mir vor als würde ich mich an der dünnen Luft verschlucken. Egal wie tief ich auch inhalierte, in meinen Oberschenkeln kam nichts davon an. Aber zur Beruhigung ging es nicht nur mir so. Die paar anderen Trekker, die anfangs noch an mir vorbeigezogen sind, hatte ich bald eingeholt bzw. überholt.
Viel war nicht los auf dem Ice Lake Trek Mitte November. Zirka eine Stunde unterhalb des Ice Lake befindet sich eine Holzhütte/ Restaurant, wo sich ein Holländer und ein Amerikaner an meine Fersen hefteten und gefühlt in jede meiner Fußspuren traten. Ich hörte ihr Schniefen in meinem Nacken. Hielt ich, hielten sie. Lief ich, liefen sie. Aber um an mir vorbeizuziehen fehlten auch ihnen die nötigen Körner.
2,5 Stunden nachdem ich in Munji Braka auf den Trek startete, erreichte ich den Ice Lake. Achtung: Vor dem Ice Lake ist noch ein kleiner, modrig stinkender Tümpel. Das ist nicht der Ice Lake. Keep Going!
Nacktbaden im Ice Lake auf 4.600 Metern
Etwas enttäuscht war ich schon vom Ice Lake. Als höchstgelegenster See der Welt sollte er ganzjährig zugefroren sein sollte. War er aber nicht. Scheiß Klimaerwärmung. Nur 1/3 des Sees lag unter einer Eisdecke und die war noch nicht einmalsehr dick. Ein Schritt aufs Eis und es splitterte unter meinen Wanderschuhen.
Direkt am See befindet sich eine u-förmige Steinmauer hinter der ich mich gemütlich hinsetzen konnte, Schutz vor Wind und Sonne hatte. An diesem Tag war ich der Dritte, der den See erreichte (Ein holländisches Pärchen, das 1 Stunde früher aufgebrochen war, aalte sich bereits in der alpinen Sonne).
Nachdem ich dort 90 Minuten verbrachte und versuchte mich langsam an die Höhe zu akklimatisieren, schleppte sich einer nepalesische 3er-Kombo zum See. Naja, schleppen ist hart übertrieben, sie schlenderten. Die Jungs sind mit mehr Sauerstoff im Blut geboren und ziehen wie Bergziegen die Hänge hinauf. Einen der Nepalesen fragte ich wo sich der Aussichtspunkt befände, der auf meiner Karte eingezeichnet war und wo der Trek dort hinauf führen würde. Selbstbewusst schickte er uns, mich, Tante Antje und den Amerikaner zur gegenüberliegenden Seeseite. Zum Glück. Einen Trek gab es dort zwar nicht im Entferntesten (gefährliche Überhänge und Geröllfelder), dafür aber die beste Aussicht auf dem gesamten Plateau (Kicho Tal).
Und was für eine Aussicht. Vor uns breitete sich der See aus, glitzerte in der von Südosten scheinenden Mittagssonne. Im Eis und Wasser des Ice Lake spiegelten sich die eisbedeckten und mit Gletschern überzogenen Bergzacken des Annapurna III. Selbst die steile Südflanke des Annapurna I schenkte mir seine Aufmerksamkeit, als ich splitterfasernackt in den teilweise zugefrorenen See sprang. Als hätte ich mich auf eine heiße Herdplatte gesetzt. So schnell wie ich untergetaucht war, genauso schnell sprang ich auch wieder an Land. Das eiskalte Gletscherwasser knisterte auf meiner aufgeheizten Haut, angenehm schmerzhaft und wohltuend erfrischend. Blankziehen und in einen See auf 4.036 m Höhe springen, hatte ich noch nie gemacht und werde ich sicherlich auch nicht so schnell mehr machen.
P.S.: Den Aussichtspunkt gibt’s tatsächlich. Dieser ist aber kein Weg. Vielmehr muss man auf den Kamm hinaufsteigen, der sich rechts vom See befindet und ihn bis zum höchsten Punkt folgen.
Nach 3 ½ Stunden auf über 4.600 Metern und als letzter an diesem Tag, verließ ich den Ice Lake wieder. 40 bis 60 Minuten später, in denen ich die meiste Zeit die staubigen Serpentinen hinunter rannte, erreichte ich mein Gästehaus. Zeche zahlen, Rucksack schultern und ab ins 45 Minuten entfernte Manang.“
Fazit: Ice Lake Trek auf der Annapurna Runde in Nepal
Der Akklimatisierungstag am Ice Lake war härter als erwartet und eine gute Vorbereitung auf den Tilicho Lake, meinem nächsten Etappenziel auf dem Annapurna Trek. Davon aber mehr in einem anderen Bericht.
Solltet ihr nicht zum Tilicho Lake wandern und direkt von Manang Richtung Thorung La Pass aufbrechen, ist der Ice Lake Pflicht, da sonst kein nennenswerter Auf- und Abstieg zur Akklimatisierung bis zum Pass kommt.
Literaturtipps Nepal
Mein Buch über die Everest Region…
- (Mein Buch) Trekking Everest
- (Mein Buch) Trekking Annapurna Circuit
- Nepal: Mit Kathmandu, Annapurna, Mount Everest und den schönsten Trekkingtouren
- Nepal: Mount Everest Trek
- Mount Everest Trekkingkarte 1:25000
- Around Annapurna Wanderkarte
- Everest, Gokyo und 3 Passes Trek Wanderkarte
- Upper Mustang Wanderkarte
- Annapurna Treks
- Handbuch der Trekking- und Expeditionsmedizin
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